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Letzte Folge von „Porsche Moments“ mit dem 919 Hybrid und Motorsportchef Fritz Enzinger

Der dritte Le-Mans-Gesamtsieg in Folge ist für Porsche im Jahr 2017 fast unbegreiflich. Noch am frühen Samstagabend muss der 919 Hybrid mit der Startnummer 2 mehr als eine Stunde lang repariert werden, bevor er weiterfahren kann. Nach dem Wechsel der E-Maschine belegt das Fahrzeug Rang 56, eine gute Platzierung scheint in diesem Moment undenkbar. Und doch ist Aufgeben keine Option. Stunden später schafft es der Sportwagenhersteller auf das Podium und blickt auf 108 Klassen- und 19 Gesamtsiege an der Sarthe zurück.

Das große Finale von „Porsche Moments“ läutet Gastgeber Timo Bernhard auf dem Prüfgelände des Entwicklungszentrums Weissach ein. Dort trifft er auf das Fahrzeug, das für ihn „viele Erinnerungen an eine wahnsinnig schöne Zeit weckt“, sagt er und setzt sich hinter das Steuer, um ein paar Runden zu drehen – vier Jahre nach dem unvergesslichen Sieg mit seinen Fahrerkollegen Earl Bamber und Brendon Hartley in Frankreich. „Klappt wie früher und auch der Nieselregen erinnert an Le Mans“, findet Fritz Enzinger.

Die beiden Männer verbinden gemeinsame Siege aber auch die spannende Entwicklungszeit des Fahrzeugs. „Der 919 Hybrid ist das komplexeste und innovativste Rennfahrzeug, das Porsche je gebaut hat“, fasst Timo Bernhard zusammen. Enzinger ist im November 2011 nach Weissach gekommen, um die Marke drei Jahre später in die Top-Kategorie der Le-Mans-Prototypen zurückzubringen. „Vor zehn Jahren habe ich das sprichwörtliche weiße Blatt Papier vorgefunden“, erzählt der 65-jährige Österreicher. Für ihn galt es erst einmal, die richtigen Leute einzustellen und sich ein Team aufzubauen. „Erst mit der Verkündung des Reglements im Juni 2012 hat die Entwicklung des 919 Hybrid begonnen. Das war eine große Chance für mich. Struktur und Konzept waren längst im Kopf vorhanden, wir brauchten nur noch die richtigen Mitarbeiter, um den passenden Teamspirit zu entwickeln“, sagt Enzinger, der schlussendlich Fachkräfte aus 21 Nationen zu seiner Mannschaft zählte. „Gemeinsam entstand der notwendige Spirit. Unser großes gemeinsames Ziel war das Podium.“ Auch Timo Bernhard blickt gerne zurück: „Als Fahrer war es etwas ganz Besonderes ab der Stunde Null dabei sein zu dürfen, diese Möglichkeit hat man einmal in seinem Leben. Schon bei unserem ersten Kontakt habe ich deine Entschlossenheit gespürt und dir, Fritz, sofort vertraut.“ Er erinnert sich auch an die 16 Siegerplakate aus Le Mans, die die Wände auf dem Weg in Enzingers Büro zierten. Am Ende angekommen hing ein leeres eingerahmtes Blatt Papier. Sinnbild für das gemeinsame Ziel des Teams.

Am 18. Juni 2017 überquert das Fahrzeug mit der Nummer 2 die Ziellinie nach einem dramatischen Rennen vor knapp 260.000 Fans. Der 19. Gesamtsieg der Marke in Le Mans ist besiegelt. Die Bilanz des 919 Hybrid, der von 2014 bis 2017 grundlegend weiterentwickelt wurde: 20 Pole Positions, 17 Siege, 13 schnellste Rennrunden und sechs Weltmeistertitel. „Das Auto ist so komplex, die Hinterachse wird von einem Zweiliter-V4-Verbrennungsmotor angetrieben, der knapp 500 PS leistet. Der Elektromotor kann auf Abruf die Vorderachse mit zusätzlich mehr als 400 PS antreiben“, erklärt Enzinger. Der 919 Hybrid gilt als das schnellste Testlabor und der innovativste Rennwagen, den Porsche bis zu diesem Zeitpunkt gebaut hatte.

„Unser dominantester Sieg mit dem 919 Hybrid war der im Jahr 2015. Der gesamte Vorstand war vor Ort, ebenso die Porsche-Familie, alle waren gemeinsam in der Box – ein besseres Bild von einem Team kann es doch nicht geben“, sagt Enzinger und blickt auf Fotos, die Timo Bernhard in der Werkstatt des historischen Motorsports des Entwicklungszentrums Weissach ausgebreitet hat. „Der nervenaufreibendste Sieg war der in der Saison 2017“, fügt er hinzu. Porsche tritt damals mit einem bedeutend optimierten Fahrzeug an. Nach der Reparatur am Samstagabend beträgt der Rückstand auf den Führenden 18 Runden – Porsche startet die Aufholjagd. In Runde 347 erobert das Team die Führung zurück, die am Ende mit dem 19. Gesamtsieg belohnt wird. „In der letzten Runde habe ich an viele Stationen gedacht, die mir diesen Erfolg möglich gemacht haben“, verrät Timo Bernhard, der immer von einem Triumph mit Porsche in Le Mans geträumt hatte. Es war das erste Mal, dass er nach einem Sieg weinte.

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