Das Große im Kleinen

Abdul Majeed schlendert die Hunderte von Metern an Spielzeugautos und Porsche Sammelstücke im Classic Center Gelderland entlang. Mit dem Handy in der Hand macht er das, was er seine große Passion nennt: Social Media Content. Der junge Sammler aus Kuwait ist auf Instagram unter dem Namen Majeed.casa bekannt. Seine Storys über Modellfahrzeuge haben weltweit eine große Fangemeinde. Und neben einem Sammler aus Chile ist er vielleicht der am weitesten angereiste Sammler hier im niederländischen Heteren. Vor allem aber steht Abdul Majeed für die neue, junge und moderne Art des Modellautosammelns - im virtuellen und im realen Leben.

„Einer der Hauptgründe, nach Gelderland zu kommen“, erklärt uns Abdul, der in der Szene einfach nur Majeed genannt wird, „ist die Möglichkeit, hier Menschen mit der gleichen Leidenschaft zu treffen.“ Es sei schwierig, alle Sammler in den Sozialen Medien zu finden und mit ihnen in Kontakt zu treten. „Hier, von Angesicht zu Angesicht, ist das Gespräch anders, und das finde ich wirklich gut.“

In seinen Videos spielt der leidenschaftliche Videographer mit der hohen Detaildichte der Modelle. Manchmal glauben die Leute, ein echtes Auto vor sich zu haben, wenn sie Majeeds Videos sehen. „Dann sagen sie: Oh, das ist ein Modell“, lacht er. Als Sammler ist Majeed für spezielle Seriennummern bekannt. „Der Großteil meiner Sammlung besteht aus limitierten Editionen mit besonderen Seriennummern wie 1, 2, 3 oder 11, 22, 33. Es geht immer um die Zahlen. Das macht die Objekte zu etwas ganz Besonderem.“

Abdul Majeed ist Mitglied des Porsche Club Kuwait und wurde von seinem Vater, der Porsche, aber auch andere Marken sammelte, zum Fahrzeugfan erzogen. An Porsche hat ihn von Anfang an gereizt, dass er hier nicht nur eine tolle Community vorfand, sondern auch eine Familie mit einem ausgeprägten Zusammengehörigkeitsgefühl. Wie hier auf dem Collectors Day: „Hier kommen Porsche Fans, Modellauto-Fans, die größten Modellfahrzeugsammler und sogar einige der wichtigsten Besitzer großer Automobilsammlungen zusammen. Als Familie. Das ist für mich Porsche.“


Abdul Majeed aus Kuwait ist mit seinen 1:8-Großmodellen auf Instagram eine Berühmtheit.

Einer dieser großen Modellsammler ist Billy Karam aus dem Libanon. Dass er der größte der Welt ist, beweist sein Eintrag ins Guinness Buch der Rekorde für seine Sammlung von mehr als 45.000 Modellfahrzeugen, hauptsächlich Porsche. Außerdem hält er den Rekord für die größte Sammlung von Modellfahrzeug-Dioramen mit über 700 Objekten. Nun hat er sich die größte Briefmarkensammlung zum Thema Automobil vorgenommen: 7.777 Briefmarken sind sein Ziel.

Er ist bereits zum fünften Mal hier und findet, dass man sich in dem schönen Classic Center von Mark Wegh im Heimatland von Organisator Henk Koop wirklich wie zu Hause fühlt. „Man trifft viele Freunde und hat die Gelegenheit, gute Modelle zu einem guten Preis zu kaufen". Billy hat bereits einige Kisten voller Modelle gekauft, die nun in den Libanon verschifft werden müssen. In den Kisten sind viele Rothmans-Lackierungen zu sehen. „Das große Comeback der Rothmans-Fahrzeuge!“, erklärt uns Billy, der früher als Rothmans-Rallyefahrer mit dem berühmten 911 SC/RS erfolgreich unterwegs war. „Seit Porsche den 911 Dakar in der Rothmans-Lackierung aufgelegt hat, ist Rothmans wieder in den Fokus gerückt. Als ehemaliger Fahrer und heutiger Sammler möchte ich zwei neue Rothmans-Dioramen in den Maßstäben 1:43 und 1:18 schaffen. Mit dem 911 Dakar Roughroads, meinem Rothmans 911 und allen Rothmans Fahrzeugen, die jemals eingesetzt wurden. Mein Ziel war es also, alle Rothmans zu kaufen, die ich hier finden konnte."

Billy Karams Sammlung steht im Guinness Buch der Rekorde.

Einer der kreativen Köpfe hinter dem Rothmans-Hype und dem 911 Dakar in Roughroads-Lackierung ist Thorsten Klein von Style Porsche in Weissach. Er hat die Leitung der Sonderfahrzeugprojekte von Grant Larson übernommen, ist verantwortlich für die Heritage Editions und hat an Projekten wie dem 911 Roughroads mitgearbeitet. Als Designer sammelt er auch Modellautos. Da stellt sich die Frage: Geht man mit dem Auge eines Designers oder eher mit dem eines Sammlers durch den Collectors Day? „In erster Linie mit dem Porsche Auge“, sagt Thorsten, als wir uns zwischen den langen Tischreihen treffen. "Es gibt so viele schöne Themen rund um Porsche, die es wert sind, gesammelt zu werden, die sich genau wie die Fahrzeuge eines aus dem anderen entwickelt haben, wie zum Beispiel die Poster. Aber als Designer ist es auch toll, die Modellautos nur wegen ihrer Form zu sammeln. Man kann die Modelle in den Händen halten und hat etwas zum Anfassen und Fühlen. Deshalb nenne ich Modellautos auch meine 3D-Bibliothek."

Thorsten, der selbst Modellautos entwirft und baut und nach eigenem Bekunden viel zu viele davon besitzt, sieht die Modelle als Skulpturen. Und die müssen gut gemacht sein: „Modelle sind auch in meinem Job sehr wichtig und es gibt dabei viele Finessen. Deshalb sieht das eine Modell besser aus als das andere, weil es auf die Proportionen ankommt. Wenn wir im Studio maßstabsgetreue Modelle anfertigen, um ein Design zu entwickeln, müssen wir die Proportionen manchmal ein wenig überziehen – wir nennen das Cheaten. Und genau darum geht es bei einem Modellauto. Wenn ein Modellauto einfach nur herunterskaliert wird, sieht das sehr schnell falsch aus. Dann sehen die Überhänge oder die Räder zu groß oder zu klein aus. Ein gut gemachtes Modellauto muss also ganz bewusst angepasst werden. Und je größer ein Modell ist, desto größer ist die Gefahr, dass es nicht stimmig ist.“

Thorsten Klein ist bei Style Porsche zuständig für die Sonderprojekte.

Am Ende sei man immer noch ein großes Kind, sagt Thorsten, der auch mit seinen fahrbaren Modellen die breite Porsche Historie abdeckt: ein schwarzer 356, ein schwarzer 992 und ein luftgekühlter 911, den er seit 22 Jahren besitzt. „Der Spruch ,Still plays with cars’ fasst es für mich ganz gut zusammen: ich habe einen Traumjob, darf Autos entwerfen, mit denen ich früher gespielt habe, und damit unseren Kunden von heute Freude bereiten."

Was für Thorsten die Fahrzeugfarbe Schwarz bedeutet, ist für Daniel Necker die Farbe Blau. Der gebürtige Hamburger ist leidenschaftlicher Porsche Sammler und ist extra den weiten Weg aus Chile angereist. Der Mitbegründer des Porsche Club Chile sammelt alle seine 1:1-Fahrzeuge in Blau. Und das hat einen familiären Hintergrund. Harald Wagner, Neffe von Ferry Porsche und langjähriger Porsche Vertriebschef, war Daniels Patenonkel. Und der Patenonkel fuhr ausschließlich blaue Porsche.

Kommt aus Chile um hier seltene Exponate zu finden: Daniel Necker.

Doch wenn Daniel von seiner wahren Leidenschaft spricht, dann dreht sich alles um Modellautos und Accessoires mit Porsche Bezug. Was Daniel sammelt, ist handgefertigt und nahezu unbespielt. „Und heute kaum noch erhältlich. Ich sammle einfach alles, was einen Bezug zu Porsche hat und alles möglichst in der Originalverpackung." Porzellan, Schalen, Teller, Fahrräder, Schlitten, Flipperautomaten, Gläser, Schals und Aschenbecher… die Porsche Welt als Spiegelbild des Alltags, komplett und vollständig. Er ist extra aus Chile angereist, weil er weiß, dass er hier hochkarätige Anbieter findet und damit auch das eine oder andere Stück, das er noch nicht in seiner Sammlung hat.

„Viele Sammler wie Daniel Necker waren schon am frühen Morgen hier und konnten sehr schöne und seltene Stücke kaufen”, berichtet Henk Koop. Er ist der Mastermind hinter dem Porsche Collectors Day und Präsident des 550 Mitglieder zählenden Porsche Model Club Europe. „Wir haben hier Anbieter aus acht Ländern und etwa 15 bis 20 Nationalitäten als Besucher.” Henk schätzt, dass insgesamt rund 2.000 Menschen ins Classic Centre gekommen sind. „Unter den Besuchern sind auch die ganz großen leidenschaftlichen Sammler mit ihren bedeutenden Sammlungen und Kollektionen.“ Aber auch viele Porsche Fans. „Wir freuen uns sehr, dass die Fangemeinde wächst. So wie die gesamte Porsche Community wächst, wächst auch die Modell Car Community.“ Und dass neben den großen Namen wie Billy aus dem Libanon und Daniel aus Chile, Ernesto aus Kuba und einigen Hochkarätern aus Schweden, Frankreich und den USA, auch die Youngster dabei sind. „Für die junge Generation läuft ja alles zunehmend virtuell und online ab. Aber hier können sie alles anschauen und auch anfassen. Für sie sind wir sozusagen Ebay live”, scherzt Henk.

Chef in Gelderland und grandioser Gastgeber: Mark Wegh. Er besitzt die größte und vollständigste Porsche 356-Modellsammlung.

Präsident des Porsche Modell Club Europe und oberster Sammler der Modell-Gemeinde: Henk Koop (rechts).

Henk findet, dass die jungen Leute die Szene verändern. „Man sieht jetzt neue und jüngere Porsche Fans, die sich auch entsprechend für die aktuellen Porsche Fahrzeuge interessieren.” Und dass mit der neuen Generation und dem neuen Fokus auf GT- und Rennwagen auch neue Modellfahrzeuge auf den Markt gekommen sind. Zum Beispiel die Modelle von Minicamps, die neuesten Modelle der Porsche AG oder die Porsche Lego Bausätze. Aber auch Modelle aus den 70er Jahren wie Diecast-Modelle sind wieder im Trend. „Modellautos können heute auch cool und hipp sein. Und was früher vielleicht ein typischer Sammlerschwerpunkt war, Blechspielzeug, gilt heute als Vintage, das nur von wenigen, sehr spezialisierten Experten betrieben wird.“

Henk gibt einen Ausblick auf das kommende Jahr. Dann wird der Collectors Day zweimal stattfinden, mit dem traditionellen Frühjahrstreffen in Gelderland und einem Collectors Day im Hans-Peter Porsche Traumwerk in Anger im Herbst. „Zum 10-jährigen Jubiläum des Traumwerks in Anger haben wir eine zweite Veranstaltung für Sammler und Porsche Enthusiasten aus der Schweiz, Österreich, Deutschland und Italien ins Leben gerufen und etablieren neben dem Porsche Collectors Day International auch einen Porsche Collectors Day Germany.“

Ein Heimspiel für Sven Bössow und Hannes Reithmayr. Die beiden Herren vom Hans-Peter Porsche Traumwerk in Anger kennen sich mit Porsche und Blechspielzeug bestens aus. Sven Bössow ist seit letztem Jahr neuer Geschäftsführer des Porsche Traumwerks und als Traktorenspezialist in der Porsche Club Community kein Unbekannter. Und Hannes Reithmayr leitet die private Fahrzeugsammlung von Hans-Peter Porsche und ist für die vielfältigen Sammelleidenschaften seines Chefs zuständig.

Sven Bössow und Hannes Reithmayr vom Hans-Peter Porsche Traumwerk freuen sich auf 2025. Dann wird der Collectors Day auch in Anger stattfinden.

„Wir sind beide sehr beeindruckt von der Veranstaltung und den Menschen, die wir hier getroffen haben. Da gibt’s von uns eine glatte 10”, fasst Sven seine Eindrücke nach seinem ersten Besuch des Collectors Day zusammen. „Wir sind zum einen hier, um die weltweit größte und einzigartige Sammlung von Blechspielzeug sowie eine riesige Sammlung von Porsche Sammlerstücken und Memorabilia zu repräsentieren, zum anderen aber auch, um Kontakte zu anderen Sammlern zu knüpfen und uns mit der Welt der Porsche Sammler auszutauschen." Hans-Peter Porsche sammelt nicht nur Blechspielzeug und beherbergt in Anger eine riesige Modelleisenbahnanlage, sondern lebt seine Leidenschaft für alles, was mit Porsche und Porsche Modellautos zu tun hat. „In Zukunft wollen wir ein offenes Haus für alle Porsche Sammelbegeisterten sein“, so Hannes. Auf dem Collectors Day hat Hannes allerdings kein neues Sammlerstück für Anger erstanden, sondern etwas, das er für die Fahrzeugsammlung von Hans-Peter Porsche benötigt: zwei passende Rückspiegel für einen 356 American Roadster. Die hat er schon seit Ewigkeiten gesucht und jetzt in Gelderland gefunden. Nächstes Jahr wird es für ihn einfacher: Der Collectors Day kommt zu ihm nach Anger.

Rennlegende Gijs van Lennep war ebenfalls im Porsche Classic Center Gelderland. Und gab gerne Autogramme auf seinen Fahrzeugen.